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Spurensuche
Von Herrn Jürgen Studte bekamen die Schülerinnen als
ersten Anhaltspunkt für die weitere Recherche einen Auszug aus
dem Verzeichnis der am 22.Oktober 1940 aus Baden ausgewiesenen Juden,
das damals von den Nationalsozialisten angelegt wurde.
Darin befanden sich auch die Angaben zu den deportierten Juden aus
Leimen:
Die digitalisierte Ausgabe dieses Verzeichnisses
kann auf der Internetpräsenz der Badischen Landesbibliothek
online gelesen
oder als PDF-Datei heruntergeladen werden.
Am 20.Januar 2010 wandten wir uns an das Stadtarchiv Leimen und
stellten folgende Fragen:
- Gibt es
noch Unterlagen, in denen der Vorgang der Deportation am 22./23.
Oktober 1940 in irgendeiner Weise dokumentiert worden ist?
(Gemeindeauschussprotokolle oder ähnliches?)
- Welche
Personen haben zu dem damaligen Zeitpunkt die Geschicke der Gemeinde
Leimen geführt?
- Gibt es von
diesen Personen, die im Jahre 1940 Verantwortung getragen haben, noch
Nachfahren, die wir gewissermaßen als "Zeitzeugen" befragen
könnten?
- Gibt es aus
dieser Zeit zwischen den Jahren 1933 und 1945 Bildmaterial zum Ort
Leimen?
- Gibt es
Unterlagen über die Einrichtung des Hugo-Mayer-Platzes in
St.Ilgen? (Protokolle und Beschlüsse des Gemeinderates?)
Leider
haben wir trotz beharrlichem Nachfragen und Insistieren keinerlei
Antworten oder Dokumente zu unseren Fragen erhalten. Uns wurden
lediglich allgemein zugängliche Unterlagen zur Geschichte der
Juden in der Kurpfalz und ähnliches überreicht.
In der Zwischenzeit hatten wir auf der Internetseite von Yad
Vashem, der Behörde
zum Gedenken an die Märtyrer und Helden des Holocaust in
Israel, in der zentralen Datenbank der Namen der
Holocaustopfer die Namen von Hugo und Karolina Mayer und die von ihrer
Tochter Friedel hinterlassenen Gedenkblätter gefunden:
Mit diesen Angaben zum Wohnort der Tochter von Hugo und Karolina Mayer,
Friedel Ehrmann, in den USA fanden wir dann über
weitere Recherchen im Internet die Kontaktdaten zu den noch lebenden
Nachfahren. Am Holocaustgedenktag, den 27.Januar 2010 riefen wir
schließlich in Amerika an. Dankenswerterweise war die
Englischlehrerin Frau Claudia Knapp bereit, dieses Gespräch in
perfektem Englisch für uns zu führen. Wir
hörten gebannt zu und konnten erleben, mit welcher Freude und
Dankbarkeit, dass in Leimen an die Mayers und Bierigs erinnert werden
soll, unser Anruf in Amerika aufgenommnen wurde. Am Telefon in den USA
war die über 80-jährige Charlotte Ehrmann, die
Schwiegertochter von Friedel Ehrmann. Sie vermittelte uns den Kontakt
zu ihrer Tochter Linda Ehrmann-Ziskind in New York, die im Besitz aller
Familiendokumente ist. Bald nach diesem Telefongespräch
verschickten wir per Mail dieses
Foto, mit dem wir uns und unser Mahnmal-Projekt den Nachfahren
vorstellten:
In der Folgezeit entwickelte sich in den Monaten Februar und
März 2010 ein reger eMail-Kontakt, in dem wir etliche
Informationen erhielten. Auch die Briefe von Hugo und Karolina Mayer
aus den Lagern Gurs und Noé und weitere Dokumente erhielten
wir auf diesem Wege als PDF-Dateien. Damit waren wir nicht mehr auf
Informationen aus dem Stadtarchiv angewiesen und konnten mit den
Vorbereitungen für die öffentliche
Präsentation der Rechercheergebnisse beginnen.
Teil dieser Vorbereitungen war es auch, uns über das
jüdische Leben in Leimen vor der Zeit des Nationalsozialismus
zu informieren. Hierzu fanden wir heraus, dass es in Leimen eine
Synagoge gab. In folgendem Stadtplan von 1861 ist auf dem Rathausplatz
eine Synagoge verzeichnet:
Noch im Jahre 1780 lebten in Leimen 82 Juden. Danach gab es einen
ständigen Rückgang der Anzahl jüdischer
Mitbürger in Leimen wegen der Abwanderung nach Mannheim und
Übersiedlung der Familie Seligmann nach München. Die
jüdische Gemeinde in Leimen wurde schließlich am
20.März 1905 aufgelöst und die Synagoge für
8000 Mark an die politische Gemeinde verkauft und abgerissen. Weitere
Angaben zur Geschichte der jüdischen Gemeinde in Leimen finden
sich auf den Seiten der Alemannia-Judaica, woraus diese
kurze Darstellung entnommen ist.
Dieses Foto wurde im Jahre 1905 aufgenommen. Es zeigt den Leimener
Rathaus-Vorplatz, genauer gesagt den Platz vor dem heutigen Gasthaus
Krone. Vor dem Gasthaus Krone standen drei Gebäude, darunter
auch die jüdische Synagoge. Auf diesem Bild sieht man einen
Teil der Abbrucharbeiten. Das Gasthaus Krone hat hier noch ein normales
Giebeldach.
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