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Briefe aus dem Lager
Noé von 1942
Brief
aus dem Lager Noé vom 10.Januar 1942

Karolina Mayer schreibt aus dem Lager Noé am 10.01.1942 und
teilt ihren Kindern in Amerika mit, dass ihr Vater Hugo Mayer
verstorben ist (Hinweis: Wiedergabe in vollständigem Wortlaut):
„Meine lieben Kinder,
liebe Mina und Oma!
Denke dass ihr meinen letzten Brief von Mitte Dezember erhalten habt
und ist von Euch bisher noch keine Nachricht eingetroffen. Heute muss
ich nun die traurige Pflicht erfüllen um Euch mitzuteilen,
dass lieber Vater am Neujahr abends 10 Uhr gestorben ist und am 3.
vormittags um 11 Uhr beigesetzt wurde. Ich schrieb Euch ja schon dass
lieber Vater in letzter Zeit gar nicht wohl war, die Kälte tat
ihm sehr weh und er keuchte öfters auf dem Weg zu uns wie
früher Onkel Max. In den letzten Tagen hatte er starke
Verschleimung und furchtbars Astma und jammerte er Tag und Nacht und er
wünschte sich oft, dass er erlöst werde. Einige Tage
zuvor sagte er mir nach meinen Fragen nach seinem Ergehen, mache Dich
gefasst ich muss bald fort von Dir. Leider konnte die ersten Tage
seines Unwohlseins nicht zu ihm da kein Erlaubnisschein hatte. Die
letzten Tage schwollen seine Beine so sehr an, was ihn auch noch
Schmerzen bereitete. Am Neujahrsmorgen sagte mir Herr Hirsch .... Mann
der mir jeden morgen Bericht erstattete lieber Vater hätte
eine schlechte Nacht gehabt und ich solle gleich mal kommen. Ich durfte
nun den ganzen Tag dort bleiben nur von kurzen Unterbrechungen der
Mahlzeiten. Lieber Vater wurde nun zusehends ruhiger. Nachmittags
fragte ich ob ich Euch schreiben soll und er meinte, schreibe jedem
eine Karte ich will einen Gruss anschreiben und es geht uns
einigermassen, solle berichten er sei immer gekränkt dass so
wenig Post kommt besonders noch von liebem Gustav. An lieben Kurt habe
gestern geschrieben; er hat uns Ende Dezember geschrieben
dass es ihm gut geht, nur hätte so viel mit Furunkel zu
schaffen immer wenn er sein ... wechsele. Er legte auch
uns eine
Fotografie ein mit seiner Frau Hanneliese zusammen. Kurt ist tadellos
getroffen und freute sich lieber Vater sehr damit. Am 2. I. sandte er
uns noch eine Depeche und war ganz überrascht
darüber. (Brief erhalten gratuliere Euch zum Neuen Jahr.)
Leider konnte dieselbe nur noch mich erreichen. Mir selbst geht es
gesundheitlich Gott sei Dank gut und ich hoffe dass dies auch noch bei
Euch allen der Fall ist. Dir lieber Hans noch nachträglich
vielen Dank für Deine lieben Zeilen, ich glaube ich hatte dies
das letzte mal vergessen ich freue mich sehr wenn Du und lieber Rolf
als anschreibst. Charlie kann ja schon schöne Striche machen.
So Gott will ist es mir vergönnt bald in Eurer Mitte sein zu
dürfen, es werden doch bald andere Zeiten werden. Diese Tage
kommen Leute weg deren Papiere alle in Ordnung und die Passage bezahlt
ist. Habt Ihr von lieber Wilhelm und Frau Nachricht, hoffentlich sind
sie nicht verreist. Liebe Lili und Siegfried sind nach dem Osten, habe
von lieber Guta gehört. Nächste Woche sollen 300
Gurser Frauen hierher kommen und würde mich freuen wenn Liebe
Oma und Sell dabei wären. Habe mich hier mit einigen Frauen
gut befreundet, was sehr gut ist. Lieber Gustav, ich hoffe
dass Du nach Erhalt dieser Zeilen während des Trauerjahrs
Kadisch sagst, ich hoffe hier 8 Tage von einem Mann sagen gehe jeden
Tag zum Gottesdienst. Dr. ... früher Ludwigshafen
hält zur Zeit denselben ab. Vorhin erhielt eine
Bestätigung von Marseille, dass das Geld vom 10. V. mit 344
fr. mir gehörte. Gestern und heute ... es hier doch
verschwindet es gleich wieder.
Seid für heute noch gegrüßt und
geküßt von Eurer Euch liebenden Mutter und Karolina.
An Ferdinand und alle Verwandten und Bekannten dortan viele
Grüße.“
Brief
aus dem Lager Noé vom 6.Juli 1942
Karolina
Mayer
schreibt aus dem Lager Noé am 06.07.1942 an ihren Sohn Kurt Mayer in
England. Paula Glück fügt einige Grußzeilen hinzu:
„Mein
lieber Kurt!
Deine
lieben Zeilen erreichten mich am letzten Montag und freute mich riesig
wieder von Dir zu hören, wartete doch längst wieder auf Post. Ich kam
diesen Nachmittag gerade von einer Beerdigung dem Vater einer
befreundeten Dame und besuchte dann gleichzeitig lieben Vaters Grab.
Post gibt es bei uns immer um 3 Uhr. Ich denke dass Du inzwischen
meinen Brief erhalten hast, wo dies auch die Bestätigung Deines
finanziellen Grusses schrieb und hoffe ich dass bald wieder solches
eintrifft, es war jedenfalls schon richtig wie Du alles übermitteln
liessest. Bei Deinem Einkommen fällt es Dir ja nicht schwer, und ich
habe es als Zusatz sehr nötig. Es war mir Dein verdienst überhaupt
unglaublich, ist das wirklich Mark und Woche gemeint? Seit 14 tagen
fühle mich wieder viel kräftiger, war vorher etwas unpässlich, kleine
Frauensache, es kam jedenfalls von der Ernährung ich kann Dir nun als
ungebackener Ehemann darum sagen es geht mir nun wieder gut.
Hoffentlich hast Du Deine Furunkel nun auch endgültig los. Die
Mahlzeiten sind zur Zeit sehr gut vorbereitet, aber mein Appetit ist
besonders gut. – Wenn es in der Kantine Bier gibt, leiste mir als auch
ein Fläschchen. Auch Kokusnuss gerieben ist eine Lieblingsspeise von
mir.
Nun
möchte ich Dir aber vor allem anderen sagen, dass ich mich sehr freue,
dass Dich übermorgen die Ehe mit Deiner Hanna schliesst. Meinen Segen
sollst Du haben und ich gratuliere Euch von Herzen werdet recht
glücklich miteinander. Was hätte lieber Vater eine Freude gehabt wenn
er das noch erlebt hätte. Du glaubst nicht, lieber Kurt, wie ich in
Gedanken stets bei Dir bin und so gerne mal wieder von Dir erzählen
hörte. Alles wie Ihr Beide lebt, was Ihr arbeitet interessiert mich.
Dass Du, lieber Kurt, so viel Freude an Eurem Garten und Gemüsebau
hast, ist von Deinen Eltern übernommen, hast Du auch Deine Hühnchen und
Hasenzucht begonnen? Eine Dame welche mir vis a vis ist war schon öfter
in Deiner Gegend und erzählte mir diese Tage wie schön es dort ist. Ich
arbeite diesen Sommer nicht in der Landwirtschaft bringe aber für
verschiedene Damen Kleider, Wäsche und Strümpfe in Ordnung und bin bei
meinen Kunden sehr begehrt und befriedigt mich dies sehr. Die letzen
Tage haben wir sehr heiss besonders am Nachmittag und Abend, heute ist
wieder Regenwetter und sehr angenehm.
Warum
schreibst Du mir schon einige Male nichts von Gertrud? Ich habe von
lieber Guta und Else, welche es von lieber Recha hörten und zwar soll
die Nachricht von Mattls Mutter an ihre Schwester Fräulein Brückmann
kommen, dass Trudl tot sei und es die liebe Oma und Selma nicht
wussten, kann diese Nachricht stimmen? Ich kann es nicht glauben. Habe
von liebe Oma und Selma schon eine Weile keine Nachricht, am letzten
Mal schrieben sie dass sie von Trudl noch nichts erhielten. Recha
schrieb ich, dass Du und Joachim Euch gegenseitig besucht habt und Emy
(?) schrieb mir, dass Ernst nun in London beschäftigt ist. Mit lieber
Guta und Rosenthals bin immer in Briefwechsel in Ferrand. Leider habe
von Liebe Friedl, Gustav und allen dortan noch keine Post erhalten.
Gegenwäertig kommt nun auch wenig von dort an, anscheinend ist ein
Brief verloren gegangen. Es sind nun schon über 7 Monate, dass ich
keinen Brief bekam, hast Du von ihnen auch keine Post? Sind liebe
Hannas Eltern noch in ihrer Wohnung? Was machen die beiden Mädels, sind
dieselben jünger wie Hanna? Wie heissen Deine beiden Cheffs? Es ist
sehr schön dass dieselben Dir und Deiner Hanna so behilflich sind. Ich
denke auch dass Du mit solchen und deren Familien sehr gut stehst.
Deine Lernkurse wirst Du sicher inzwischen eingestellt haben. Nun will
für heute Schluss machen, wünsche das Ihr viel schönes auf Eurer Reise
gesehen und mir recht bald gute Nachrichten zukommen lasst. Mit diesem
Wunsch grüßt Euch innigst Eure Mutter.
Viele
herzliche Grüße und Gratulation an alle verwandte dortan.
Liebe
Tante Anna!
Ich
danke Euch noch nachträglich für Eure letzten Zeilen und hoffe Euch
alle wohlauf, hoffentlich geht es Euren Lieben in L. gut. Gebt den
Brief auf schnellstem Wege weiter da Kurt wartet und danke Euch
herzlich und hoffe bald wieder von Euch zu hören. Eure gewünschte
Adresse ist 6 Carnyngham Rd, Viktoria Park, Manchester 14.
Werter
Herr Bräutigam!
Erlaube
mir als Herzensfreundin Ihrer so lieben und feinen aufrichtigen Mutter,
aber unbekannt herzlich zu gratulieren. Wir haben schon öfters Ihr
liebes Bild und Ihrer Frau betrachtet und macht auf dieselben einen
lieben Eindruck.
Alles
Glück und freundliche Grüße sendet Ihnen Paula Glück aus der Nähe
Heidelbergs.“
Erläuterungen zum Brief
aus Noé vom 06.07.1942:
Mit der am
Ende des Briefes angesprochenen Anna ist Anna Ehrmann, geb. Rensch (*
27.08.1903) aus
Nußloch gemeint, die Ehefrau von Ferdinand Ehrmann, geboren am
03.02.1895 in Nußloch. Die Grußzeilen von Paula Glück am Ende dieses
Briefes werden in einem späteren Brief
von Paula Glück an Kurt Mayer vom 3.01.1945 erneut
angesprochen.
Postkarte
aus dem Lager
Noé vom 9.September 1942
Karolina Mayer schreibt auf dieser Postkarte an ihren
21-jährigen Sohn Kurt Mayer in England aus dem Lager
Noé am
9.September 1942 (Hinweis: Wiedergabe in vollständigem
Wortlaut,
Ergänzungen stehen in Klammern):
„Lieber
Kurt liebe Hannel.
Seit Erhalt des Telegramms bin (ich) immer noch ohne Nachricht von
euch, so sehr ich täglich darauf warte, da ich es von dir
lieber Kurt doch gar nicht gewöhnt bin und du doch gewiss noch
ein bischen Zeit für deine Mutter übrig hast. Den
Geldgruß habe (ich) empfangen und danke dir herzlich. Hoffe
doch, dass es euch gut geht und ihr glücklich und zufrieden
miteinander seid. Mir geht es gesundheitlich gut. Glaube nun ziemlich
sicher, dass (ich) nun vorerst hier bleiben kann. Liebe Kahn und ihre
Lieben sind verzogen, hatte ihnen gerade über hierherkommen
geschrieben, über das sie mich baten. Auch von lieber Oma und
Sell
(Selma) vermisse noch die neue Adresse. Liebe Guta und Familie mussten
auch umziehen, teilten mirs diese Tage mit, ich erwarte diese Tage mal
wieder ein Päckchen von ihnen. Frau Bernheim ist jetzt hier
und (wir) kommen öfters zusammen. So Gott will wird das neue
Jahr zum Frieden führen und seid für heute noch
herzlich gegrüßt und geküsst von eurer
Mutter.“ |
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