Bericht vom 5.September
2011
Wir
müssen uns erinnern - auch wenn es weh tut!
Am Sonntag, den 28.August 2011 gedachte die Evangelische
Kirchengemeinde Leimen aus Anlass des diesjährigen
Israelsonntags
der Deportation von Juden aus Leimen in das Lager Gurs im Oktober 1940.
Pfarrer Steffen Groß hatte die Idee zu diesem besonderen
Gottesdienst, in dem drei Schülerinnen der
Geschwister-Scholl-Schule St.Ilgen (Katharina Belman, Anastasia
Gammermajster und Sabina Kinderknecht) ihr Mahnmal-Projekt vorstellten.
Sie hatten zusammen mit Herrn Delfosse das Schicksal der Leimener Juden
gegen manche Widerstände erforscht und aufgearbeitet.
Zu Beginn des Gottesdienstes hob Pfarrer Groß hervor, was nur
allzu leicht vergessen wird: Das Judentum ist die Wurzel unseres
Glaubens, wir selbst sind spätere Äste an diesem Baum
und wir
dürfen auf Gottes Bund mit Israel aufbauen. Gerade auch vor
diesem
Hintergrund ist es unfassbar, dass jüdische Menschen in der
Zeit
der Naziherrschaft ermordet wurden. In ihrem Bericht riefen sodann die
Schülerinnen die Namen der Leimener Opfer in Erinnerung und
lasen
Auszüge aus ihren Briefen aus den Lagern Gurs und Noe vor:
Diese vier jüdischen Menschen und ihr unvorstellbares Leid
dürfen in Leimen nicht vergessen werden, so die drei
Schülerinnen. Deshalb haben sie im Rahmen ihres Projektes zwei
Gedenksteine angefertigt. Der eine Stein steht bereits auf der
zentralen Gedenkstätte in Neckarzimmern, der andere soll
seinen
Platz in Leimen finden. Er ist einer Kerze nachempfunden. Die Kerze und
die Flamme stehen für die Hoffnung. Die Wachstropfen stehen
für die vier Verschleppten und dafür, dass ihre
Hoffnung
leider zerronnen ist.
In Kapitel 11 des Römerbriefes spricht Paulus im Blick auf die
Erwählung Israels sinngemäß über
die Juden:
„Sie bleiben die von Gott Geliebten, weil sie die Nachkommen
der
erwählten Väter sind, auch wenn sie Christus nicht
nachfolgen.“ Entsprechend entfaltete Pfarrer Groß
in seiner
Predigt über diesen Paulustext, dass wir als Christen gar
nicht
anders können, als uns immer neu vor den Opfern zu verneigen
– und alles Menschenmögliche zu tun, dass sich ein
solches
Unrecht an unseren jüdischen Geschwistern nicht wiederholt.
Gegen
so manche Stimme, die das Ende der Erinnerung fordert, gelte es zu
erwidern: „Wir müssen uns erinnern – auch
wenn es weh
tut. Es gibt keine Alternative! Daher muss dieser Gedenkstein seinen
Platz mitten in Leimen finden, muss uns erinnern und
verstören,
muss uns zum Stolperstein werden.“
Zum Abschluss des Gottesdienstes bündelten sich in den
Fürbitten alle Anliegen und Hoffnungen der Mitglieder des
Mahnmal-Projektes. Dass jüdische Gemeinden hier in Deutschland
nie
mehr Angst haben müssen und weiter von der Liebe Gottes zu
ihrem
Volk erzählen können. Dass die Erinnerung an dieses
grausame
Unrecht hier in Leimen zum Beginn einer Erinnerungskultur werden
möge, die ein Teil unseres Lebens hier in Leimen ist. Dass der
Frieden zwischen Israelis und Arabern wachse. Und dass sich so die
biblische Verheißung des Friedens für Israel und
alle
Völker schon heute Bahn bricht.
Nach dem Gottesdienst standen (v.l.n.r.) Anastasia Gammermajster,
Sabina Kinderknecht und Katharina Belman den interessierten
Gottesdienstbesuchern in der Mauritiuskirche Leimen noch Rede und
Antwort.
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